»Das paradoxale Spiel der Liebe: Luís Camões’ Amor e um fogo que arde sem ser ver«, in: PhiN 50 (2009), 23-43.

July 18, 2017 | Autor: Xuan Jing | Categoria: Portuguese and Brazilian Literature, Camões
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http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) Jing Xuan (München)

Das paradoxale Spiel der Liebe Luís de Camões' Amor é um fogo que arde sem se ver

The Paradoxical Semantics of Love. Luís de Camões Amor é um fogo que arde sem se ver This article explores the lyric writing of Luís de Camões in a double pragmatic frame: As most poets of his time Camões was on the one hand indebted to Petrarchism as a poetic practice based on imitation; on the other hand, precisely by emulating the Italian modello di poesia, Camões models and constitutes himself as a writing subject. The article begins with a brief review of the theoretical debate in German petrarchism studies, outpointing some of its most influential terms – 'system' (Hempfer), 'dialogue' (Warning), and 'paradoxical affective structure' (Regn) – all of them essential for the following reading of Camões' perhaps most famous sonnet Amor é fogo que arde sem se ver. The interpretation aims to bring to light a complex play with the typical antitheses of the petrarchist lyric that not only can be found on the semantic level of the sonnet, but also can be described as a conceptual principle in the sense that Camões' text offers different meanings that contradict themselves. Nevertheless, the Petrarchist imitation remains a problematical appropriation of foreign culture that the Portuguese poet will notably surpass by turning (back) to a national topic in Os Lusíades.

I. In seiner Ode Pode um desejo imenso1 huldigt Camões einer Dame, deren Schönheit die Ausdruckskraft der petrarkistischen Rhetorik übersteigt.2 Sie vermag ein Begehren hervorzurufen, das dem Liebenden ein "não sei quê" sichtbar werden läßt, welches "toda a toscana poesia / [...e]m Beatriz nem em Laura nunca via" (V. 68/70). Camões' Lobrede gilt somit nicht nur der einzigartigen Dame, sondern auch der eigenen Dichtkunst: Wie seine senhora (V. 72) die berühmte donna Dantes bzw. Petrarcas um ein 'gewisses Etwas' übertrifft, wird auch der portugiesische Dichter beide italienischen Musterautoren mit einem "não visto canto" (V. 81) überbieten. Betrachtet man den "não visto canto" poetologisch, so nimmt dessen synästhetische Fügung weniger den romantischen Originalitätsanspruch vorweg, als sie die Grundprinzipien der petrarkistischen Dichtung zur Geltung bringt.3 Diese bestehen bekanntermaßen in imitatio et aemulatio – in einer nachahmenden Angleichung an die Modellautoren also, die zugleich auf deren Überbietung im Sinne eines poetischen Wettstreits zielt. Der petrarkistischen Dichtung ist mithin ein Widerspiel von Identität und Differenz in Bezug auf literarische Vorbilder wesentlich;4 und ebendies kommt bei Camões in den zwei negierenden Affirmationen von "não sei quê" und "não visto canto" zum Tragen. So verweist die erste Redewendung unmittelbar auf Petrarca, der die aus den Texten der Antike bekannte Formulierung – nescio quid – ins italienische non so che übertrug und sie damit als Figur für das Unfaßbare in der Volkssprache heimisch gemacht hat.5 Die mit einer solchen Qualität versehene Dame wird jedoch eines petrarkischen Ursprungs ausdrücklich entschlagen und stattdessen als ein für die toskanische

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) Liebessprache unverfügbares Objekt dargestellt. Das "não sei quê" deutet somit auf einen Überschuß, der dem italienischen modello di poesia anverwandt, von diesem jedoch nicht abgedeckt ist. Eignet der res ein derartiger Mehrwert, so scheint ihr nur ein "não visto canto" als verba angemessen. Der 'ungesehene Gesang' läßt sich gewissermaßen im Sinne einer neuen Dichtung auffassen, der sich vermittels der Visualisierung des Gesangs eine neue 'Sinndimension' zuschreibt. Der "não visto canto" stellt so betrachtet gleichsam eine Chiffre dar, und zwar für eine poetische Sprache des Überschusses in dem Sinne, daß sie gerade jenem Unfaßbaren, das sich der Dichtungssprache der auctoritas entzieht, Ausdruck zu verleihen vermag. Indem Camões'"não visto canto" sich an ein auf Petrarca zurückverweisendes "não sei quê" anschließt, fällt hierin eine explizite Abstandnahme von der italienischen Dichtung mit der impliziten Bezugnahme auf Petrarca widerspruchslos zusammen. Der so artikulierte Überbietungsgestus ist für den Petrarkismus als eine Dichtungspraxis durchaus charakteristisch, bei der die Nachahmung literarischer Vorbilder keine mechanische Reproduktion, sondern eine produktive Aneignung bedeutet. Ebendiesem dynamischen Aspekt einer konventionellen Dichtung hat auch die Petrarkismus-Forschung seit längerem Rechnung zu tragen versucht.6 Dabei geht sie über die althergebrachte Auffassung einer epigonalen imitatio petrarcae weit hinaus7 und erkennt im Petrarkismus ein eigenständiges literarisches Paradigma. Besonders einflußreich in dieser Hinsicht ist K. W. Hempfers Konzept eines petrarkistischen Systems.8 Dieses von Petrarca selbst abstrahierte System wird durch die antinomische Liebesauffassung – die petrarkistischen contrari affetti und dolendi voluptas – als zentralem Merkmal definiert. Den doppelten semantischen Kern der petrarkistischen Liebe hat G. Regn prägnanterweise als eine paradoxale Struktur zwischen Norm und Affekt auf eine Formel gebracht.9 In einem petrarkistischen System lagern nun Hempfer zufolge verschiedene andere Liebeskonzepte wie z.B. die antike Erotik oder die neoplatonische Liebe, welche mit der petrarkistischen Liebe stricto sensu interagieren und so das Systemgebilde immer wieder auf einen neuen Stand bringen, ohne es dabei zu zerstören. Die Offenheit von Hempfers Konzept, wonach heterogene Elemente innerhalb bestimmter Grenzen ein mobiles System stets neu konfigurieren, ist heuristisch reizvoll; doch scheint ebendort sein blinder Fleck zu liegen. Denn die paradoxale Affektstruktur, die als Kennzeichen im petrarkistischen System fungieren soll, nimmt schon als solche eine janusköpfige Gestalt an. Eine paradoxale Affektstruktur setzt nämlich zumindest eine doppelte Liebesauffassung voraus: zum einen der religiös-moralische, tendenziell lustfeindliche Standpunkt, der sich bei Petrarca am deutlichsten in den abschließenden Palinoden des Canzoniere manifestiert; zum anderen das Verlangen nach sinnlicher Erfüllung, ein schließlich masochistisch amputierter Hedonismus, der stets abgelehnt und deshalb ständig implizit thematisiert wird. Die contrari affetti stellen mithin selbst einen – zumindest – dualistischen Liebesdiskurs dar. Dies bedeutet, daß ein autograph petrarkischer Text die gleiche, prinzipielle Offenheit zur Diskursvielfalt aufweist, wie sie Hempfer zufolge erst dem petrarkistischen System eignen soll. In Ermangelung von Identifikationskonstanten, die Petrarca systemisch von den Petrarkisten unterscheidbar werden lassen, scheint es fragwürdig, inwiefern man noch von einem petrarkistischen System sprechen kann. Auf dasselbe Problem der Distinktivität des 'petrarkistischen Systems' zu Petrarca hat auch R. Warning hingewiesen.10 Er betont die Differenz zwischen Petrarkischem und Petrarkistischem und schlägt vor, die konstitutive Bezogenheit des Petrarkismus auf Petrarca nicht in einer sich durchhaltenden semantischen Tiefenstruktur zu suchen, sondern in einem Polylog, der die Sprache Petrarcas mit apetrarkischen Sprachen in eine neue Beziehung bringt (ebd.: 159). Der Petrarkismus wird sonach definiert als "[...] ein Prozeß der Aneignung lyrischer Sprachen

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) heterogenster Provenienz und ihrer versuchten Vermittlung mit dem zunächst noch gewahrten Zentrum Petrarca." (ebd.: 156) Dieses Zentrum verliert, je weiter der Aneignungsprozeß fortschreitet, "seine prägende Kraft und [wird] zum Pol eines spannungsvollen zwischensprachlichen Dialogs." Aus der Nachahmungspoetik entwickelt sich also der Petrarkismus zu einem "interkulturelle[n] Dialog" (ebd.: 166), und ein petrarkistisches Gedicht profiliert sich nicht durch seine Nähe zu Petrarca, sondern durch eine "Fügung von Patriarchischem mit Nichtpetrarkischem zu einer dialogisch-spannungsvollen Einheit." (ebd.: 175) Warnings Ansatz basiert auf einem theoretischen Brückenschlag zwischen der imitatioLehre und dem von M. Bachtin geprägten Konzept der Dialogizität. Der Petrarkismus gewinnt dadurch insofern eine neue Kontur, als die petrarkistische Rede nicht mehr im Hinblick auf ihre Kompatibilität mit einem von ihr prinzipiell unabhängigen Dichtungssystem, sondern vielmehr anhand der ihr inhärenten semantischen bzw. diskursiven Überlagerung betrachtet wird. Für einen petrarkistischen Text läßt sich das Dialogische nach Bachtin näherhin auf der Ebene der Wort- und Textbedeutung in Anschlag bringen. Hinsichtlich der Wortbedeutung faßt Bachtin die "innere Dialogizität des Wortes" (Bachtin 1979: 179f.) in dem Sinn auf, daß in einer sprachlichen Äußerung stets unterschiedliche Sinnpositionen, Weltanschauungen und Wertungen zum Tragen kommen bzw. in Wettstreit treten. Ein solches dialogisches Wort stellt nun beispielhaft Camões' "não sei quê" dar, geht doch dabei die konzeptuelle Angleichung an Petrarca mit der programmatischen Distanzierung von der toskanischen Dichtung einher. Im Rahmen der petrarkistischen imitatio bedeutet das zitierte Wort sowie die dem intertextuellen Schreiben konstitutive Fremdrede keine bloße Wiederholung. Vielmehr handelt es sich dabei um überkodiertes Sprechen, dem eine 'innere Dialogizität' innewohnt und das eine mimetischrivalisierende Aneignung zu erzielen sucht. Hinsichtlich der Textbedeutung bezeichnet das Dialogische nach Bachtin eine Sinnambivalenz, die dadurch entsteht, daß in einem Text mehrere Ideologeme miteinander konkurrieren.11 Demnach läßt sich ein petrarkistischer Text über den intertextuellen Dialog hinaus als ein dialogisches Feld begreifen, in dem unterschiedliche Diskursformen aufeinandertreffen. Im wesentlichen sind dies hier die frühneuzeitlichen Liebesdiskurse, die sich vor dem Hintergrund der neuplatonischen Liebestheorie herausgebildet haben. Marsilio Ficino, der die rinascimentalen trattati d'amore ausschlaggebend geprägt hat,12 unterscheidet in De Amore drei Arten des Liebens: den amore contemplativo, der aus dem Sehen entsteht und sich fortan zum Seelischen erhebt; den amore attivo, der beim optischen Genuß verweilt und sich durch verbale Kommunikation mit dem geliebten Objekt realisiert; und schließlich den amore lascivo, der durch die Augen eintritt und auf den lustvollen Körperkontakt beharrt.13 Daß man in dieser Dreistufigkeit die petrarkistische Schmerzliebe vermißt, ist nicht weiter verwunderlich. Petrarcas Dichten kreist primär um die effectus amoris, anstatt sich mit der philosophischdeutenden Frage nach dem Wesen der Liebe – quid sit amor – zu beschäftigen (König 1983: 77). Die subjektive Befindlichkeit des Liebenden wird erst von Bembo verallgemeinert und zu einer Liebesdefinition ausgebaut (ebd.: 78). Aus den Paradoxen der Liebesgefühle, die zum Motivbestand der italienischen Minnepoesie gehören und bei Petrarca eine rhetorische Zuspitzung erleben (ebd.), bildet sich dank Bembo ein spezifischer, petrarkistischer Liebesdiskurs heraus, der wesentlich durch eine antinomische Affektstruktur bedingt ist. Die ihm charakteristische dolendi voluptas, die zwischen den affetti dogliosi und den affetti lieti in Gestalt eines circulus vitiosus oszilliert (Regn 1987: 29), kann im neoplatonischen Liebesmodell keine unmittelbare Entsprechung finden. Denn die sinnliche Erfüllung, die besonders von Leone Ebreo dem moralischen Lieben zugeordnet wird,14 bleibt bekanntermaßen einem petrarkistisch Liebenden stets verwehrt und legt gerade mit dieser Unmöglichkeit den Grundstein zu dem Oszillieren der contrari affetti. Diese Diskrepanz scheint Bembo durchaus

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) bewußt zu sein, wenn er in Gli Asolani dem Protagonisten des ersten Buches, dem petrarkistisch leidenden Pierottino, im zweiten Buch Gismondo gegenüberstellt, der ein wohltemperiertes Lieben, den amore attivo eben, als vernünftig, naturgemäß und freudespendend preist.15 Beide Liebeskonzepte werden im dritten Buch von Lavinello, der für den neoplatonischen amore contemplativo eintritt, zurückgewiesen.16 Der petrarkistische Liebesdiskurs muß also als eine eigenständige Alternative zu den tri amori betrachtet werden, die zwischen dem amore attivo und dem amore lascivo changiert, und aus dessen unmöglicher Realisierung seine eigentümliche Semantik der Instabilität schöpft.17 Der Petrarkismus beruht somit auf den pluralistischen Liebesauffassungen und stellt selbst ein dialogisches Feld heterogener Liebesdiskurse dar. Um die Art und Weise zu beschreiben, wie diese dabei aufeinander bezogen werden, scheint das von Hempfer (1993) entwickelte Konzept des Diskurstypenspiels äußerst hilfreich. Demzufolge kommt es im Petrarkismus in erster Linie auf eine Zurschaustellung und ein geschicktes gegeneinander Ausspielen heterogener und antinomischer Liebesdiskurse an. Petrarkistisch Dichten meint also den spielerischen Umgang mit verfügbaren Diskurstypen, dessen Reiz vorrangig in deren Ambiguisierung, wohl aber auch in deren Problematisierung und sogar in deren Demontage liegt. Die – für eine systemische Definition zwingende – Frage nach der Grenze, also inwieweit das Spiel noch petrarkistisch ist, erweist sich indes als unerheblich, wenn man das Diskurstypenspiel im Anschluß an Warning als eine Technik der Aneignung begreift. Die zentrifugale Bewegung, bei der sich der petrarkistisch Dichtende von dem fondateur du discours und den etablierten Diskurstypen spielerisch-kritisch distanziert, zeichnet den Petrarkismus dann als einen Prozeß der Aneignung aus. Dieser verläuft insofern dialektisch, als man sich ein fremdes Vorbild zu eigen macht und dabei zugleich negiert. Die petrarkistische Dichtung steht so betrachtet im Zeichen eines dezentrierenden Schreibens, das die Identität durch Differenz, d.h. Nachahmung durch Selbstkonstitution zu überwinden sucht. Daß Camões in seiner Liebeslyrik eine derart dynamische Aneignung programmatisch betreibt, verspricht der bereits poetologisch gedeutete "não visto canto" am Ende der Ode Pode um desejo imenso. Mit Amor é um fogo que arde sem se ver, seinem wahrscheinlich berühmtesten Sonett, führt er nun auf ebenso dezidierte wie subtile Weise ein differenzgenerierendes Diskurstypenspiel vor, bei dem er vermittels der Konstruktion petrarkistischer Liebessprache deren Dekonstruktion betreibt. Das Gedicht kommt einer petrarkistischen Camouflage gleich. Die contrari affetti werden auf der semantischen Oberfläche inszeniert; dies allerdings zu dem Zweck, die antithetische Affektstruktur auf der syntaktischen Ebene aufzulösen. Das Liebesparadox wird dadurch zum Negationsobjekt eines paradoxen Textes, in dem Camões die dialektische Bewegung der Aneignung von expliziter Imitation des Musterdiskurses zu dessen verspielter Unterwanderung offenlegt.

II. Amor é um fogo que arde sem se ver; É ferida que dói e não se sente; É um contentamento descontente; É dor que desatina sem doer; É um não querer mais que bem querer; É um andar solitário entre a gente;

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) É nunca contentar-se de contente; É um cuidar que se ganha em se perder; É querer estar preso por vontade; É servir a quem vence, o vencedor; É ter com quem nos mata lealdade. Mas como causar pode seu favor Nos corações humanos amizade, Se tão contrário a si é o mesmo Amor? (Camões 1980: 83)

Zu diesem Gedicht bemerkt de Lurdes Saraiva: "Inspirado num célebre soneto de Petrarca ("Pace non trovo e non ho da far guerra"), o soneto tem por tema os paradoxos do amor."18 Neben einer möglichen Anknüpfung an Petrarcas Pace non trovo,19 kann man zwei weitere intertextuelle Bezugnahmen konkret feststellen: zum einen die Stelle aus Petrarcas De remediis: "Est enim amor latens ignis, gratum vulnus, sapidum venenum, dulcis amaritudo, delectabilis morbus, iucundum supplicium, blanda mors" (zit. n. König 1983: 81) und zum anderen das Sonett VI, Moderati desiri, immenso ardore, von Bembo, das als Prototyp jenes Sonettyps gelten kann, in dem die Liebe durch eine Reihung von Infinitiven definiert wird (ebd.). Genau dies ist nun bei Camões offensichtlich der Fall: Die Oktave und das erste Terzett bestehen größtenteils aus Infinitivkonstruktionen. Zu überprüfen gilt es nun, ob der intertextuell aufgerufene petrarkistische Liebesdiskurs auch semantisch eingelöst wird. Gekennzeichnet durch die anaphorisch den Anfang des Gedichts (Amor é; V. 1) aufnehmenden É bilden die Oktave und das erste Terzett des Sonetts gemeinsam eine inhaltliche Einheit. Dabei werden elf definitorische Formulierungen über die kontradiktorische 'Natur' der Liebe paradigmatisiert und am Ende des Gedichts mit tão contrário a sí e o mesmo Amor (V. 14) auf einen Nenner gebracht. Die Realisierung dieser Widersprüche läßt sich in drei Bereiche gliedern. Erstens tauchen semantisch entgegengesetzte Begriffspaare in einer Verszeile auf, wie dies bei contentamento (V. 3) / descontente (V. 4), solitário (V. 6) / entre a gente (V. 7), ganha (V. 8) / se perder (V. 9) der Fall ist. Zweitens werden grammatische Negationsfiguren wie die Präposition sem (V. 1 / 4), das Adverb não (V. 2 / 5) und nunca (V. 7) bzw. das Präfix des- (V. 3) eingesetzt, um die immer wiederkehrende Affirmation von Amor é abzuwenden. Drittens wird im ersten Terzett eine Reihe der Alltagslogik konträrer Situationen geschildert: die willige Gefangenschaft, der Dienst des Siegers am Besiegten und die Treue zum potentiellen Mörder. Trotz des antithetischen Aufbaus des Gedichts läßt sich jedoch durch eine aufmerksame Lektüre feststellen, daß die paradox organisierte Syntax keineswegs Widersprüche auf der semantischen Ebene zeigt20 – anders gesagt: Es handelt sich dabei lediglich um Scheinparadoxe. Und das Trugbild entsteht bereits im ersten Vers: Amor é um fogo que arde sem se ver. Statt die Standardmetapher Petrarcas, et ardo, et son un ghiaccio,21 zu paraphrasieren, legt Camões die metaphorische Beschaffenheit des icy fire22 offen, nämlich daß die Liebe nur im Inneren glüht. Das gleiche gilt auch für den unter normalen Umständen nicht leiblichen Liebesschmerz, ferida que dor e não se sente (V. 2), dor que desatina sem doer (V. 4). Bei É un não querer mais que bem querer (V. 5) wird mit der Polysemie von querer gespielt, indem das erste querer seine Funktion als Modalverb des 'Wollens' erfüllt, während das zweite das 'Lieben' selbst bedeutet. Insofern ist die Aussage, '(Liebe) ist ein nicht wollen mehr denn gut lieben', keineswegs paradox. Ähnliches läßt sich an dem Epithet des ersten Quartetts um contentamento descontente (V. 3) feststellen, das noch einmal an gleicher Stelle im zweiten Quartett in Form des Infinitivs wiederholt wird: É nunca contentar-se de contente (V. 7). Die

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) "unzufriedene Zufriedenheit" des Liebens ist kein Oxymoron; sie besteht vielmehr darin, daß der Liebende sich damit zufrieden geben muß, stets nach mehr zu verlangen. Vers 8, É cuidar que ganha em se perder, stellt nicht nur eine besonders vertrackte Kasuistik dar, sondern verdient außerdem aufgrund seiner besonderen Stellung in der Gedichtmitte eine sorgfältige Betrachtung. Hier soll er hinsichtlich der dreifachen Konnotation des reflexiv verwendeten Infinitivs von perder untersucht werden.23 Zunächst ist die Bedeutung von perderse als ficar vencido, ser derrotado von Interesse.24 Dabei wird eine von Ovids Formel militat omnis amans25 ausgehende Kriegsmetaphorik anzitiert, die in der Trobadorlyrik im Mittelpunkt stand (Friedrich 1964: 11f.) und bekanntermaßen von Petrarca übernommen wurde (Pace non trovo e non ho da far guerra). Diese Bezugnahme kommt im ersten Terzett prononciert zum Ausdruck, wenn das Liebesverhältnis als Gefangenschaft (estar preso, V. 9) und Vasallendienst (servir, V. 10) mit der dazugehörigen, bedingungslosen Treue (ter com quem nos mata lealdades, V. 12) konkrete Gestalt annimmt. Man hat es also anscheinend mit dem bereits bei dem provenzalischen Dichter Peire Vidal vorfindlichen Paradoxon zu tun, wonach die Liebe ein Siegen durch Besiegtwerden sei (ebd.). Liest man jedoch den ganzen Vers, so verändert sich der Sinngehalt. Denn bei Camões bezieht sich die Sieg-Niederlage-Antithese nicht direkt auf Amor, sondern auf das Verb cuidar, das etymologisch von lat. cogitare abstammt und imaginar, sospeitar oder pensar26 bedeutet. Vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Imagologie und Vermögenspsychologie birgt dies kein Geheimnis.27 Es ist nämlich so, daß im Moment des enamoramento über den von der Dame ausgesandten Seelenstrahl ein physiologisch gedachtes Bild die ersten beiden Hirnventrikeln der vis imaginativa und vis aestimativa durchdringt und sich im letzten Ventrikel der memoria einbrennt. Über diesen physiologischen Vorgang des Einbrennens entsteht im Ventrikel der memoria starke Hitze, die nicht nur einen beständigen Tränenfluß bewirkt, sondern auch jene unablässigen cogitationes hervorruft, die unausgesetzt um das Bild der Dame kreisen. Auf diese Weise verliert sich das Subjekt an die Dame und zwar insofern, als seine Seele nach der platonischen Vorstellung vom Seelentausch nach dem enamoramento in der Dame wohnt. Zugleich gewinnt es dabei ein Bild der Dame, eine imago, die jene cogitationes hervorruft, die nicht zuletzt die Voraussetzung für das Dichten von der Liebe sind. Die Psychopathologie des amor hereos ist, wie G. Agamben einläßlich dargelegt hat, Teil eines komplexeren Zusammenspiels, bei dem Begehren, phantasma und lyrische Sprache das spezifisch meridionale Dichtersubjekt konstituieren.28 Der achte, in der Mitte des Sonetts plazierte Vers bringt damit auf den ersten Blick nichts Neues, sondern bestätigt die spätestens seit dem dolce stil novo vorherrschende phantasmatische Grundierung der Liebeslyrik. Die zweite Bedeutung von perder-se besteht indes in "arruinarse, sofrer prejuízo nos seus haveres, no seu crédito". Die ökonomische Denotation des Wortes, die auf den ersten Blick mit der Liebe vielleicht unvereinbar scheinen mag, kann durchaus sinnstiftend sein, wenn man die Rekurrenz finanzspezifischer Lexeme in der Liebeslyrik Camões' berücksichtigt. Im Sonett Quem vê, Senhora, claro e manifesto29 behauptet der Liebende beispielsweise, nicht nur seine vida e alma e esperança (V. 9), sondern gleich sein ganzes Hab und Gut (quanto tenho e quanto posso V. 14) stehen seiner Dame zur Verfügung, während er allein von seiner Großzügigkeit, die als bem-aventurança (V. 12) begriffen wird, profitiere: E o proveito disso eu só o levo (V. 11), und zwar aus dem Grund, que quanto mais vos pago, mais vos devo (V. 14).30 Das Sonett Passo por meus trabalhos tão isento stellt eine andere Ökonomie der Liebe dar. Dort schuldet der Sprecher einem wuchernden Amor Liebesqualen:

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) Que só polla vontade com que peno Me fica Amor deuendo mais tormento. (V. 4)

Der Liebesgott jedoch lindert den Schmerz des Liebenden und gönnt ihm sogar Freude: Porém, se esta fineza Amor não sente E pagar-me meu mal com mal pretende, Torna-me com prazer como ao sol neve. (V. 11) Mas, se me vê cos males tão contente, Fáz-se avaro da pena, porque entende Que quanto mais me paga, mais me deue. (V. 14)

Die isotopische Präsenz von Wirtschaftstermini wie 'Verschuldung' und 'Zahlung' in den beiden Gedichten impliziert, daß die Liebe als ein stillschweigender Vertrag aufgefaßt wird, kraft dessen die Angebetete, sobald der Werbende genug Leiden erbringt, diesem pflichtgemäß mit Belohnung entgegenkommen soll.31 Umgekehrt erschließt sich daraus, daß die psychologische Marter des Liebenden als eine Art Investition angelegt werden kann, die sich mit der Erwiderung der Dame auszahlt. Dies ist prinzipiell nichts Neues, denn bereits die trobadoreske Liebesprogression sieht ja eine sich steigernde Annahme des Liebens vom Handkuß des Kommendationsritus' bis zum finalen assaz – dem nackten Beieinanderliegen – vor. Was Camões in eine solche 'ideale' Liebesprogression hineinträgt, ist die Ökonomie. Dies zeigt sich daran, daß unter den vielfältigen Bedeutungen von cuidar sich die des calcular befindet. Danach läßt sich cuidar que ganha em se perder wie folgt lesen: Die Liebe ist ein spekulatives Kalkül, das darauf setzt, durch den Einsatz des gesamten Kapitals Gewinn zu erzielen. Bisher sind zwei Lesarten von Vers 8 vorgeschlagen worden. Versteht man unter perder-se die Niederlage des (Liebes)Kampfes, so läßt sich die widersprüchliche Fügung durch das gemeinsame Subjekt von ganhar und perder-se, das cuidar, auflösen. Wird das Gegensatzpaar in seiner wirtschaftlichen Semantik denotiert, dann kommt eine auf Gewinn, d.h. auf die Erfüllung, zielende Liebesauffassung zum Tragen, die in keinerlei Hinsicht als paradox beschrieben werden kann. Schließlich sei eine dritte Lektüre erwähnt, die, wie zu zeigen sein wird, nicht zuletzt die vorangegangenen auf ihre Weise unterstützt. In der Zeit Camões' wurden die Antonyme ganhar und perder zusammengesetzt als ganha-perde, um ein Spiel zu bezeichnen, dessen Eigenart darin besteht, die gewöhnlichen Spielregeln umzukehren, so daß der erste Verlierer als der Gewinner gilt.32 Fernão Rodrigues Lobo Soropita, der zuerkannte Herausgeber der ersten Edition der Rhythmas33 von Camões, schrieb Folgendes zu dem ganha-perde-Spiel: "Mas, como, por sua Naturaleza levam sempre una carta branca, não há hora em que ele a não convertam em trunfo, em gahna-perde, porque se mais practicam, pior ilhes vai." (ebd.) Wenn man die naheliegende Assoziation von Camões' ganha em se perder zum spielerischen ganhaperde in Betracht zieht, dann scheint die Bedeutung von Vers 8 eklatant: In der Liebe wird nämlich damit gespielt, zu gewinnen, indem man alles verliert. Dieser ludische Aspekt fügt sich nicht nur in die zweite Auslegung von 'Liebe als riskanter Spekulation', sondern bringt zugleich eine gegenläufige Dynamik in die erste Lesart, bei der die Liebe zur Kriegsführung metaphorisiert wird. Das erste Terzett, in dem der Liebesdienst mit der Lehnspflicht gleichgesetzt wird, läßt sich somit als eine Strategie im Liebeskampf umdeuten. Demnach muß sich der Liebende wagemutig der Gefahr der Gefangenschaft, der Versklavung und sogar dem Tod aussetzen, um seine Herrin letzten Endes zu erobern. Camões wortwörtlich: É servir a quem vence, o vencedor, der Dienende ist zugleich der Siegreiche.

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) Im Zusammenhang des gesamten zweiten Quartetts weist die obige Interpretation von Vers 8 ebenfalls eine Bedeutungskohärenz auf. Während gleich zu Anfang des Quartetts die Liebe als das "nichts wollen, außer gut zu lieben" (V. 5) definiert wird, bestimmt Vers 7 in vergleichbarem Sinne das Lieben als eine "unzufriedene Zufriedenheit". Von der Erfüllbarkeit des Liebesverlangens, die in den oben genannten beiden Fällen vorausgesetzt wird, weicht selbst Vers 6, der das einzige Paradox im definitorischen Teil des Gedichts enthält, nicht ab. Mit É um andar solitário entre la gente wird ein zentrales Thema Petrarcas, der "Liebende in der Abgeschiedenheit" (König 1980: 254) aufgenommen. Während jedoch Petrarcas einsam Leidender – so exemplarisch in Solo e pensoso i più deserti campi (Nr. 34) – als Liebesmelancholiker die Wildnis sucht,34 läßt Camões seinen Liebenden sich in entgegengesetzte Richtung bewegen, nämlich: entre a gente (V. 6). Eine derartige Umgestaltung der Einsamkeitskulisse verfolgt in erster Linie den Zweck der Überbietung, bringt Camões doch damit zum Ausdruck, daß sein Liebender noch weit weltverlorener als der des Petrarca ist, da er keiner deserti campi bedarf, um sich zu vereinsamen: Er ist einsam – selbst unter den Menschen oder gerade dort.35 Durch die Verortung des Liebenden innerhalb der menschlichen Gesellschaft wird jedoch zugleich angedeutet, daß die physische Entfernung zwischen ihm und seiner Dame, die durchaus abwesend sein kann, logischerweise verringert wird. Im Gegensatz zu Petrarca, dessen Liebender sich in der Wildnis versteckt, beläßt Camões seinen Liebenden unter den Menschen, wodurch die Dame ihm stets 'erreichbar' bleibt, so daß eine Eroberung stattfinden kann. Camões evoziert nach der bisherigen Darlegung semantisch eine antithetische Struktur, ohne die damit projizierten Widersprüche jedoch auf syntaktischer Ebene zu bestätigen. Bei dieser augenfälligen Diskrepanz zwischen paradoxem Schein und logischem Sein handelt es sich nun um eine Gegenüberstellung des petrarkistischen Liebesdiskurses mit dem neoplatonischen Konzept der Vereinigung der Liebenden, die das Thema des letzten Terzetts bildet. Um dieses angemessen behandeln zu können, wird es zunächst vonnöten sein, den darin verwendeten Schlüsselbegriff der amizade (V. 13) zu erläutern. Im Kontext der rinascimentalen Liebestheorie wird die Freundschaft zunächst nach der aristotelischen Auffassung begriffen.36 Laut Aristoteles (1983: 217) ist die vollkommene Freundschaft, die zwar weder aus Nützlichkeit noch aus Lust entsteht, diese jedoch mit sich bringt, "die der trefflichen Charaktere und an Trefflichkeit einander Gleichen." Da der Wesensvorzug der Freunde im Erweisen der Freundesliebe besteht, gilt für Aristoteles die Freundschaft dann als bestätigt, wenn sie den Kategorien des Verdienstes und des Wertes entspricht (ebd.: 227). Ferner legt er auch dem Freundschaftsverhältnis zwischen Mann und Frau den persönlichen Wert zugrunde. In einer heterosexuellen Freundschaft wird also "dem wertvolleren [Partner] [...] größerer Gewinn zugeteilt." (ebd.: 223) Im Prinzip beruht die aristotelische Freundschaft auf der Gegenseitigkeit gleichermaßen hervorragender Charaktere, wobei die Erwiderungsformen sich je nach dem persönlichen Wert des Partners unterscheiden können. Der von Aristoteles maßgeblich beeinflußte Liebestheoretiker Leone Ebreo37 sieht nicht nur die Ursache der Freundschaft in der Tugend,38 sondern postuliert zugleich: "[L]a verdadera amistad honesta hace de una persona dos y de dos una," (ebd.: 57) und zwar aus folgendem Grund: Porque no sólo es amigo de su amigo, sino otro él mismo; por lo cual los bienes del amigo son suyos propios. Así que deseando el bien de su amigo, desea el suyo propio, y bien sabes que el amante se convierte y trasforma en la persona amada: de donde te digo que [...] si la persona amada ama recíprocamente al amante, [...] entonces el bien de cada uno de ellos es propio del otro y ajeno de sí mismo. (ebd.: 292)

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) Es fällt auf, daß hier die Grenze zwischen amigo und amante schlechterdings verschwindet. Zieht man Ebreos Behauptung in Betracht, daß Aristoteles keineswegs der platonischen Idee widerspricht, sondern diese eher bestätigt (ebd.: 435),39 so nimmt es nicht wunder, daß seine Freundschaftsdefinition mit seiner neoplatonischen Auffassung der Liebe zusammenfällt. Denn die Liebe, so Ebreo, "entra con ligereza en los ánimos y [...] les hace buscar siempre la persona amada, enajenado de sí mismo; por lo cual dice Eurípide que el amante vive en cuerpo de otro." (Vega 1995: 85) Bemerkenswert ist nun, daß die Transformationskraft, die Ebreo der Freundschaft und der Liebe gleichermaßen zuschreibt, häufig in der Liebeslyrik als ein beliebtes Motiv auftaucht, so z.B. bei Petrarca in Triumphus Cupidinis: "l'amante nel'amato si trasforme." (Petrarca 1996: III, 156)40 Angesichts solcher Koinzidenz läßt sich annehmen, daß eine nicht gleichgeschlechtliche Freundschaft im Sinne Ebreos der Kategorie des amore honesto (attivo) zugeordnet werden kann. Eine derartige Auffassung des moralischen Liebens unterscheidet sich, wie vorhin dargelegt, vom petrarkistischen Liebesdiskurs dadurch, daß sie eine Erfüllung der Liebe – mit Ebreo: "la persona amada ama recíprocamente al amante" – nicht ausschließt. Nun zum letzten Terzett von Amor é..., das zugleich den einzigen vollständig zusammengesetzten Satz des Sonetts darstellt. Der abschließende Nebensatz, Se tão contrário a sí é o mismo Amor (V. 14), scheint die in den ersten elf Versen aufgelisteten 'Widersprüche', hier durch tão contrário (V. 14) unterstrichen, noch einmal zusammenzufassen. Allerdings handelt es sich dabei um eine von se (V. 14) eingeleitete Hypothese. Im Hauptsatz wird eine Frage gestellt: Wie kann ihre Gunst in Menschenherzen Freundschaft begründen, wenn die Liebe sich selbst widerspricht? Dabei geht es zunächst weniger um das wie, sondern vielmehr darum, ob die in ihrer Natur kontradiktorische Liebe überhaupt Freundschaft bewirken kann. Hierauf lassen sich grundsätzlich zwei Antworten geben. Eine Verneinung, o amor não causa amizade, würde aus dem ganzen Satz eine rhetorische Frage machen und dadurch das Sonett mit seinen contrari affetti erhellen: Die Liebe widerspricht sich selbst. Daher entsteht daraus keine freundschaftliche Einigung. Dieser Ansatz läßt sich jedoch nicht zur Gänze aufrechterhalten, denn wenn man aus der Oktave und dem ersten Terzett die Schlußfolgerung zieht, daß die Liebe sich widerspreche, dann wäre sie gleich am Anfang des letzten Terzetts mit der adversativen Konjunktion mas (V. 12) in ihrer Widersprüchlichkeit negiert worden. Das bedeutet zugleich, daß die Gegenposition der Bejahung, o amor causa amizade, bereits implizit vorausgesetzt wird, so daß die eigentliche Frage lauten muß: Wie kann die Liebe zur Freundschaft führen, wenn sie sich selbst widerspricht? Auch hier stehen zunächst wiederum zwei Antworten zu Gebot. Entweder stellt man die Hypothese der Antinomie der Liebe selbst in Frage, um, wie bereits getan, festzustellen, daß sie keineswegs als widersprüchlich dargestellt wird. Oder man geht dessen ungeachtet von der petrarkistischen Liebesdefinition als Paradox aus: Da die Liebe sich als eine sich ständig negierende, paradoxe Einheit von These und Antithese definiert, wird ihre Gunst – die Erfüllung der Liebe – zwangsläufig zur Negation des Paradoxes, d.h. zu einer Synthese führen, die sich in einer erfüllten Freundschaft äußert. Dadurch scheint die neoplatonische Auffassung der Liebe bestätigt zu sein, denn unabhängig von welcher Prämisse man ausgeht – vom Wesen der Liebe als contrário oder amizade –, kommt man zu derselben Schlußfolgerung, daß nämlich die Gunst der Liebe sich in Gegenseitigkeit und Erfüllung äußert. Nichtsdestoweniger beinhaltet diese Feststellung abermals ein Paradox, das die Frage hervorruft, gemäß welcher Logik es gelingt, aus zwei sich widersprechenden Grundsätzen denselben Schluß zu ziehen? Wie Faria y Sousa in seinem Kommentar zu Amor é... bemerkt, öffnet und schließt das Gedicht mit demselben Wort: Amor (zit. n. Valverde 1981: 137). In gewisser Weise kann man die

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) Anknüpfung von Anfang und Ende, die Camões mit einem Fragezeichen durchbricht, als eine subtile Aufforderung zu mehrfachen Re-lektüren interpretieren, wobei jede neue Lektüre die Vorherige widerlegt. So entsteht zunächst der Eindruck einer "verdadeira apoteose do 'oxímoro'" (ebd.: 135), der das Gedicht als ein typisches Beispiel der petrarkistischen sonetti de' contrari interpretieren läßt. Diese Interpretation wird jedoch durch die im letzten Terzett aufgeworfene Frage destabilisiert. Bei einer zweiten Lektüre stellt man fest, daß die antithetisch andeutende Rhetorik lediglich den petrarkistischen Liebesdiskurs vorspielt, ohne die contrari affetti auf der semantischen Ebene tatsächlich herzustellen: Weder wird die schmerzlich brennende Wirkung der Liebe paradox aufgefaßt, noch ist ihre Verwirklichung unmöglich, da diese ja nach dem Prinzip des ganha-perde über eine Reihe kontradiktorisch erscheinender Handlungen, wie etwa der freiwilligen Unterwerfung, herbeigeführt wird. Daraus läßt sich schließen, daß die Liebe, deren Ziel durch das ihr entgegengesetzte Mittel realisiert wird, im Grunde genommen einer einfachen Logik folgt, weshalb ihre Erfüllung sich in amizade, der Gegenseitigkeit und der transformatorischen Innigkeit nach der Auffassung des Leone Ebreo, äußert. Der inszenierte petrarkistische Liebesdiskurs wird also durch einen Neoplatonismus stricto sensu dementiert: "El amor es deseo de unión con la cosa amada." (Vega 1995: 275) Dennoch muß die neoplatonische Interpretation gemäß der zirkulären Struktur des Sonetts ebenso in Frage gestellt werden wie die petrarkistische. Die Liebe erweist sich nämlich abermals als paradox, wenn ihr Endzweck der neoplatonischen Vereinigung nur vermittels widersprüchlicher Mittel bewerkstelligt werden kann. Damit wäre freilich die petrarkistische Antinomie der contrari affetti erneut ins Werk gesetzt. Diese Antinomie läßt sich jedoch wiederum dadurch auflösen, daß man die Liebe in ihrem Wesen als dialektisch auffaßt: Sie manifestiert sich in einer These (z.B. dem Ziel der 'Eroberung' des geliebten Objekts) und deren Antithese (dem Mittel der 'Unterwerfung' des liebenden Subjekts) und erfüllt sich in einer (neoplatonisch) vereinigenden Synthese (der beiderseitigen Annäherung in der erfüllten amizade). Diese neoplatonische Synthese bildet dennoch keinen absoluten Endpunkt, sondern stellt über ihren interrogatorischen Charakter zugleich eine neue These dar, die sodann durch ihre Antithese (den petrarkistischen Liebesdiskurs der contrari affetti) negiert werden kann, wenn man das letzte Terzett als eine rhetorische Frage begreift. Die hier vorgeschlagenen, multiplen Lektüreschichten mögen auf den ersten Blick kompliziert anmuten, sind indessen kein bloßes Glasperlenspiel. Sie dienen vielmehr dazu, die Komplexität des petrarkistischen Diskurstypenspiels zu veranschaulichen. Camões läßt das Spiel, ebenso wie die Dynamik der Liebe, nach dem Prinzip der Dialektik verlaufen. Dabei wird die von Petrarca geprägte antithetische Liebesrhetorik syntaktisch inszeniert. Unter der formalen Bedingung eines Gedichttyps, der auf Bembo zurückgeht, erfährt das petrarkistische Paradox eine Affirmation, wird jedoch semantisch nicht eingelöst und somit letzten Endes negiert. Daraufhin wird durch das Lexem amizade das neoplatonische Konzept aufgerufen, das sich angesichts einer nochmaligen Lektüre nun seinerseits widerspricht und abermals in ein Paradox kippt. So strebt jede Lektüre auf Kosten der Gegensätzlichkeit beider Liebeskonzepte nach einer logischen Interpretation, die sich stets selbst dekonstruiert. Schließlich führt Amor é... auf exemplarische Weise die Dialogizität im Sinne Bachtins als Wettstreit von Sinnpositionen vor. Die diskursiven Oppositionen werden lexikalisch durch amizade und contrário benannt, um letzten Endes in einem unaufgelösten Interrogativsatz enggeführt zu werden. Der Text changiert dadurch zwischen Antithese und Synthese. Sobald man ihn mit einem bestimmten Liebesdiskurs, dem petrarkistischen contrário oder der neoplatonischen amizade, zu interpretieren versucht, tritt einer der beiden Diskurse als eine 'fremde Rede' hervor, die zu einer neuen Lektüre zwingt. Daß der petrarkistische Liebesdiskurs als 'fremde Rede' in einem petrarkistischen Text inszeniert wird, zeugt von der Eigendynamik

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) der imitatio / aemulatio als einer dialektischen Aneignung. Denn nur wenn das Vorbild ein differenzstiftendes Fremdes geworden ist, kann die Konstitution des Eigenen beginnen.

III. In Enquanto quis Fortuna que tivesse hat Camões von einem breve libro gesprochen, der eine Vielzahl von Liebesfällen enthalten soll. Am Ende dieses häufig für programmatisch gehaltenen Gedichts (vgl. Dirscherl 1983: 219) fordert der Sprecher den Leser zu einem aktiven Umgang mit seiner Lyrik auf: Je nach der eigenen Liebeserfahrung – "segundo o amor tiverdes" –, wird der Leser die Gedichte jeweils anders verstehen: "tereis o entendimento de meus versos."41 Damit scheint nun Camões auch in rezeptionsästhetischer Hinsicht in Wettstreit mit Petrarca zu treten. Dieser ruft im Proömialgedicht zu seinem Canzoniere diejenigen Leser an, die "il suono / di quei sospiri ond'io nudriva 'l core"42 zu vernehmen vermögen. Während also Petrarca an die Gleichgesinnten appelliert, verläßt sich Camões auf die individuelle Erfahrung des Lesers. Er sieht einen offenen Rezeptionshorizont für seine Lyrik vor, wo der Leser mit einem fremden Text in Dialog tritt und seinerseits die produktionsästhetisch intendierte Proliferation von Bedeutung aufs Neue dynamisiert. Für den Dichter selbst bedeutet das Dialogfeld des Petrarkismus einen Ort der taktischen Selbstkonstitution. Taktisch wird hier im Sinne M. de Certeaus verstanden, der eine taktische Handlung von einer strategischen dadurch unterscheidet, daß letztere über "un lieu susceptible d'être comme un propre" verfügt, während erstere eine "action calculée que détermine l'absence d'un propre" (Certeau 1982: 61) bedeutet. Der taktische Charakter von Camões' Schreiben zeigt sich vor allem in pragmatischer Hinsicht: Es ist der Ort seiner literarischen Produktion, Portugal, dem eine 'absence d'un propre' innewohnt. Ein abermaliger Rückblick auf die Ode Pode um desejo imenso mag den Sachverhalt erhellen. Hier schreibt Camões seinem Heimatland einen doppelten Mangel zu. Erstens verfügt es über keine eigene Dichtungssprache, um das ihm Eigentümliche zu erfassen. Dies verkörpert metonymisch die senhora, die von "o vulgo" wie jede andere petrarkistische Dame gelobt wird, obwohl sie in der toskanischen Dichtung kein Vorbild kennt. Um der Dominanz der 'fremden' Rede entgegenzuwirken, kündigt nun Camões einen "não visto canto" an. Über den Erfolg ist er jedoch mehr als ungewiß, denn Portugal leidet an einem weiteren Mangel, nämlich dem der kulturellen Rückständigkeit, die sich nicht zuletzt dadurch manifestiert, daß das Land seinen eigenen Dichter nicht zu erkennen vermag. So erhofft der Sprecher den Dichterruhm in den kulturell fortschrittlichen Ländern Spanien und Italien: "que o Betis me ouça, e o Tibre me levante" (V. 82). Dagegen stellt sich die Nennung des "o nosso claro Tejo" (V. 83) als ironisch heraus, entpuppt sich doch der Nationalfluß schon im nächsten Vers als "envolto um pouco o vejo e dissonante" (V. 84), als trübes Wasser also, das nur Mißklang erzeugt. Noch deutlicher kommt Camões' Kulturpessimismus in der letzten Strophe der Ode zur Sprache. Hier wendet er sich "o campo" und damit metonymisch dem heimatlichen Land zu. Dies ist weit entfernt von einer blühenden Kulturlandschaft: "[o] campo não esmaltam / Flores, mas só albrohlhos / O fazem feio" (V. 85–87). Im Gegensatz zu einem locus amoenus findet man ein brach liegendes, von Disteln überwachsenes Feld vor, das in Anbetracht der biblischen Symbolik der Dornen auch einen Ort des Leidens darstellt. Zudem rufen die Disteln via Dornenkrone die Verspottung Christi auf. Vor diesem Hintergrund muß man wohl die Warnung des Sprechers an die Damen verstehen: "cuido que / lhe [ao campo] faltem ouvidos para mi, pera vós olhos" (V. 87–88). Solange der "vil costume" (V. 89) herrscht, verbleibt das kulturell

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) unterentwickelte Portugal seiner eigenen Schönheit und Dichtung gegenüber taubblind, und der verkannte Dichter hat nur Leiden und Spott zu erwarten. In seinem Heimatland findet also der Sprecher keinen Artikulationsraum. Gleichwohl endet die Ode optimistisch, wenn der Sprecher seiner Dame versichert, "[q]ue o Sol, que em vós está, / Na escuridão dará mais claro lume" (V. 90–91). Mit der Sonnen- bzw. Lichtmetapher schließt das Gedicht einerseits zyklisch ab. Die Sonne ruft die am Anfang gepriesenen "olhos imortais" (V. 6) der Dame erneut auf, während das Licht den "peito" (V. 2) und die "alma" (V. 3) des Liebenden vergegenwärtigt, die ebendort durch den "desejo imenso" Feuer und Flamme ("arder" und "fogo intenso") gefangen haben. Andererseits rückt die Ortsbestimmung der Sonne – "que em vós está" (V. 90) – die Transformationsdynamik zwischen den Liebenden in den Blick, wonach man die Sonne-Licht-Metapher im Ganzen auf den Sprecher und Autor des "não visto canto" beziehen kann. In diesem Fall kündigt das in der Dunkelheit umso heller leuchtende Gestirn einen doppelt kodierten Neubeginn an. Der als Eigenname groß geschriebene "Sol" (V. 90) kann diesbezüglich einmal christlich, einmal mythologisch gelesen werden. Erstens gilt die Sonne bekanntermaßen als Christussymbol. Durch die römische Setzung fällt die Geburt des Erlösers auf den Tag des Sol Invictus, weshalb Christus auch Sol novus genannt wird, der als Herr der Ewigkeit die zum Untergang verurteilte Sonne des Heidentums ablöst.43 Daß eine solche neue Sonne im christlichen Sinne bei Camões impliziert scheint, zeigt sich am signifikanten Übergang von "abrolhos" (V. 86) und "Sol" (V. 90) in der Schlußstrophe. Wie schon erwähnt stehen die zunächst ins Bild gesetzten Disteln metonymisch für die Dornenkrone und mithin für die Passion bzw. den Kreuzestod Christi. Demzufolge liegt es nahe, die nachher erschienene Sonne in Bezug auf das Heilsereignis zu lesen. Dies scheint im Schlußvers der Ode – "na escuridão dará claro lume" (V. 91) – gleichsam bildliche Evidenz zu gewinnen. Denn in Korrespondenz mit Distel und Sonne kommt dem standardisierten Zweitsinn von Licht und Dunkelheit als Leben und Tod ein weiterer Sinn der Wiederaufstehung zu. Der "Sol" erweist sich als ein Sol novus, bei dem der Einbruch des Lichts in die Dunkelheit mit der Überwindung des Todes zusammenfällt. Die heilsgeschichtliche Überkodierung der Sonne dient indes weniger einer christlichen Allegorie als einer Allegorie der Dichtung. Mythologisch gelesen verweist nämlich der "Sol" auf Apoll, den Sonnen- und Musengott, der hier dank der christlichen Konnotation des Sol novus eine kulturelle renovatio vermittels der Dichtung versinnbildlicht. An dieser Stelle schließt sich Camões' Ode qua impliziter Intertextualität an das Apoll-Sonett des Canzioniere (XXXIV) an, wo Petrarca den Musagetes anruft, um mit dessen Hilfe der abendländischen Kultur, als deren Emblem er den Lorbeer entwirft, zu neuer Blüte zu verhelfen. Daß der portugiesische Dichter nach dem Vorbild Petrarcas ebenfalls eine Selbststilisierung zum Dichtergott betreibt, bedeutet jedoch mehr als eine poetische Aneignung des petrarkischen Diskurses. Vor dem Hintergrund der kulturellen Mangelsituation Portugals zeichnet sich die poetische Selbstkonstitution Camões' durch eine zweifach sinnfällige production du lieu44 aus: sowohl in Bezug auf die petrarkistische Dichtungspraxis als auch im Sinne einer neuen Ortsbestimmung der nationalen Literatur. Wie sein dezidierter Überbietungsgestus bezeugt, versteht Camões den Petrarkismus als eine schriftliche Performanz, bei der er sich des dominanten poetischen Diskurses bedienen und seinen eigenen Redeort erschreiben muß – dies nicht nur der toskanischen Dichtungshoheit gegenüber, sondern auch gegen die aetas tenebrae der portugiesischen Kultur. Camões' "não visto canto" steht damit im Zeichen einer production du lieu zwischen fremder Dominanz und eigener Rückständigkeit. In seiner dichterischen Selbstbehauptung artikuliert sich, wie man an der Überschreibung des Apoll als Sol novus deutlich sieht, auch der Wunsch nach kultureller Erneuerung. Versteht man "não visto canto" programmatisch in Bezug auf eine

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) solche renovatio, so scheint diese am Ende von Pode um desejo imenso noch der Heteronomie verhaftet zu sein. Die dort postulierte neue Sonne droht insofern ein altes Licht auszustrahlen, als sich darin die Augen der senhora und der portugiesische Apoll treffen, worin eine dem Modell Dante-Beatrice, Petrarca-Laura nachgebildete, bereits Konvention gewordene Vereinigung von Dichter und Dame erkennbar bleibt. Um der in kultureller Dunkelheit befindlichen Nation zu neuem Glanz zu verhelfen, scheint der Sprecher in Pode um desejo imenso nicht umhin zu können, ein weiteres Mal in die Fußstapfen der italienischen Vorbilder zu treten. Camões indes, wie man weiß, ist seinen eigenen Weg gegangen. Anstelle einer portugiesischen Reprise des Canzoniere besteht sein eigentlicher "não visto canto" in den zehn cantos der bereits als Nationalepos konzipierten Os Lusíadas. Von der Ode zum Epos verschiebt sich nicht nur der Lobgegenstand von einer einzigartigen Herrin auf ein nicht minder einzigartiges Volk. Damit einher geht zugleich eine programmatische Verschiebung von der petrarkistischen Aneignung zu einer epischen Performanz, bei der sich Camões dezidiert von der toscana poesia löst, um in jenen "mares nunca de antes navegados" (Camões 1968, Bd. 4: 1), die die portugiesischen Heroen zu erkunden wagten, auch den eigentlichen Ort seiner dichterischen Selbstfindung zu entdecken.

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Anmerkungen 1

Textzitat nach Camões (1985b, Bd. 2: 137–140).

2

Ebd.: V. 29–35: "Se não vêem os cabelos / Que o vulgo chama de ouro, / E se não vêem os claros / olhos belos, / De quem cantam que são do Sol tesouro; / E se não vêem do rostro as excelências, / A quem dirão que deve / Rosa e cristal e neve as aparências [...]." 3

Die der antiken Rhetorik entstammenden Prinzipien hat bekanntermaßen Bembos Prose della volgar lingua (1525) auf die vernaculare Verssprache mit Petrarca als Musterautor übertragen. Vgl. hierzu Elwert (1979: 20– 54). 4

Vgl. Regn (2003: 916).

5

Vgl. hierzu grundlegend Köhler (1953 / 1954).

6

Für einen Forschungsüberblick vgl. Hempfer (1987); Regn (2003). Eine Gesamtdarstellung des Petrarkismus in Portugal bietet Marnoto (1997). 7

Stellvertretend dazu vgl. Friedrich (1964: bes. 313f.) und Wilkins (1950: 327–342). Zur Nachahmung Petrarcas durch Camões vgl. Cidade (1936: 127); zur imitatio-Ästhetik am Beispiel von Camões' Frauenbild vgl. Dirscherl (1983: 211f.), Marnoto (1996: 47–64). 8

Hempfer (1988: 255ff.).

9

Regn (1987: 21f.) unterscheidet zwischen "systemkonstitutiven", "systemmöglichen", "systemkompatiblen" und "system-inkompatiblen" Merkmalen des Petrarkismus. 10

Vgl. Warning (1997: 157f.).

11

Vgl. Bachtin (1971).

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) 12

Eine Gesamtdarstellung rinaniscimentaler Liebestheorien bietet Nelson (1972).

13

Vgl. Ficino (1994).

14

"Y aunque el apetito del amante con la unión copulativa se harta, [...] no por eso se priva el cordial amor; antes se enlaza más la posible unión la cual tiene actual conversión del un amante en el otro." Ebreo zit. n. Vega (1995: 81). 15

Vgl. Bembo (1991: 69f.).

16

Vgl. Bembo (1991: 70) und Nelson (1958: 106).

17

Eine solche Anpassung petrarkistischer Liebe an das neoplatonische Modell dient ausschließlich dem Zweck der Textinterpretation. Sie ist insofern 'zwanghaft', als die Gegenüberstellung von diesseitiger Liebe und der Liebe zu Gott, die in Petrarcas Reuegedichten thematisiert wird, sich grundsätzlich von Ficino unterscheidet, der die platonische Eroslehre mit der christlichen Caritas zu verschwistern sucht. Vgl. Nelson (1958: 76); Raffini (1998: 28). Bezüglich dieser Divergenz und deren Folgen für die Lyrik Camões' vgl. Aguiar e Silva (1980). 18

Vgl. Camões (1980: 83). Ähnliches kommentiert dazu Cidade (1985: 232).

19

Vgl. König (1983: 82). Hatzfeld bringt anstatt Amor é Camões' Sonett Tanto de meu estado me acho incerto mit Pace non trovo zusammen. Vgl. Hatzfeld (1966: 234–238). 20

Darauf hingewiesen hat Ribeiro da Cunha (1980: 32f.).

21

Vgl. hierzu Nr. 34, "Pace non trovo", V. 2 (Petrarca 2001: 649).

22

Vgl. Forster (1969).

23

Dabei wird davon ausgegangen, daß, wenn se perder als impersonale Form verstanden wird, was grammatisch möglich ist, der Vers wahrlich keinen Sinn ergibt. Er würde, da das Subjekt von se perder der substantivierte Infinitiv cuidar wäre, etwa heißen: "Liebe ist ein Nachsinnen, das gewinnt, wenn es (das Nachsinnen) sich verliert." 24

Vgl. Grande Dicionário da língua portuguesa (Morais Silva 1922).

25

Ovid (1992: 32).

26

Vgl. Grande Dicionário da língua portuguesa (Morais Silva 1922).

27

Zur Phantasmalehre von Platon zu Ficino vgl. Culianu (2001: 18–81). Zur Vermögenspsychologie und ihrem Verhältnis zu amor hereos vgl. Wack (1990) und Folger (2002: 19–41). 28

Vgl. Agamben (1994: 73–83).

29

Die betreffende Stelle lautet folgendermaßen: "Assim que a vida e alma e esperança, / E tudo quanto tenho tudo é vosso; / (V. 11) E o proveito disso eu só o levo. / Porque é tamanha bem-aventurança / O dar-vos quanto tenho e quanto posso, / (V. 14) que quanto mais vos pago, mais vos devo." 30

Bei diesem Sonett könnte es sich allerdings um eine Parodie handeln, in der die herkömmlichen Liebesdiskurse zur Thematisierung des Hurendienstes verwendet werden. 31

R. de Cunha verweist auf die enge Beziehung zwischen den Philosophen des 15. Jahrhunderts und der Medicifamilie, die nicht nur die Platonische Akademie, sondern auch die erste Bank Europas begründet hat. Daraufhin bringt sie den Topos des "l'amante ne l'amato si trasforme" mit dem aristotelischen Gedanken des isotes logon in Verbindung, der nicht nur die Wirtschaftstheorie von Albertus Magnus und Thomas von Aquin beeinflußt haben soll, sondern sich auch bei Ebreo und Ficino niederschlägt. Vgl. dazu Cunha (1989: 72).

http://web.fu-berlin.de/phin/phin50/p50t2.htm (02.02.2014) 32

"Ganha-perde: Espécie de jogo, feito ao inverso do regular e em que o primeiro que perde é o que ganha." Vgl. Grande Dicionário da língua portuguesa (Morais Silva 1922). 33

Die Herausgeberschaft der 1595 erschienenen Ausgabe von Camões' Rhythmas wurde erst in ihrer Neuauflage von 1616 Fernão Rodrigues Lobo Soropita zugeschrieben. Vgl. Sena (1969: 11 u. 14). 34

Vgl. hierzu die Lektüre des Solo e pensoso von Leopold (2009: 165).

35

In der Kanzone Junto de um seco, fero e estéril inszeniert Camões bewußt einen locus anti-amoenus, in dem weder Tiere leben noch Wasser fließt noch Pflanzen grünen. Vgl. Earle (1987). 36

Nach Nelson (1958: 73).

37

Als erster weist T. Braga auf Camões' Kenntnis von Leone Ebreo hin, welche allerdings von Cidade bestritten wird. Vgl. Braga (1911: 27) und Cidade (1936: 162ff.). Für eine solche Textkenntnis spricht freilich, daß die 1553 erstmalig erschienenen Dialoghi d'amore des aus Lissabon gebürtigen Leone Ebreo während Camões' Lebenszeit fünf Mal neu aufgelegt wurden. Vgl. Introducción in Vega (1995: XI). Zum Einfluß Ebreos auf der iberischen Halbinsel vgl. da Cunha (1989: 27ff.). 38

Vega (1995: 56): "[L]a verdadera amistad humana es la que se cause de lo honesto y del vínculo de la virtud."

39

Zum aristotelischen Einfluß bei Camões vgl. Sena (1966: 213).

40

Faria e Sousa hat in seinem Kommentar zu Camões' Sonett Transforma-se o amador na cousa amada eine Vielzahl von Dichtern aufgelistet, die sich dieses Konzepts bedienen. Text in Camões (1985a, Bd. 1). 41

"E sabei que, segundo o amor tiverdes, / (V. 14) Tereis o entendimento de meus versos." Zit. n. Camões (1985, Bd. 1). 42

Vgl. Petrarca (2001: 5): "Voi ch' ascoltate in rime sparse il suono", V. 1–2. Bei Camões werden die Leser nach folgendem Kriterium ausgesucht: "Ó vós que Amor obriga a ser sujeitos / A diversas vontades!" (V. 9–10). 43

Vgl. Ohly (1995: 475f.).

44

Vgl. Certeau (2002: 79ff.).

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