Das Ereignis der Leere: Prada II, 1997. 2008

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Die Regale sind leer. Von oben fällt ein geschmeidiges Licht auf deren

dass Dinge, deren Erscheinung man zu erwarten hat, nicht mehr oder

altrosa Ablagen und lässt eine Tiefe erkennen , obgleich wir die Quelle

noch nicht gegenwärtig sind. In dem ausgeleerten Schaukasten , der

dieser Beleuchtung nur erahnen können . Der Raum , in dem der grau·

von hinten durch ein unheimliches Licht gehalten, vielleicht sogar nach

grüne Schaukasten wie eine dreistöckige Bühne steht, ist ebenfalls leer.

vorne geschoben wird , treffen Vergangenheit und Zukunft zusammen

Der Teppich , dessen Farbe das Altrosa der Regale aufgreift und zugleich

und bringen jene Präsenz auf eine Bildformel, die nicht zu denken ist,

satter erscheint, deutet eine Verlängerung des Raumes nach hinten an.

weil sie im Akt der Formulierung zur Vergangenheit wird . Doch wie ver-

Auch diese lässt sich jedoch eher erahnen als erblicken. Nur dringt von

hält es sich mit der räumlichen Dimension dieser als Bildeffekt einer

hinten jenes helle Licht hervor, vor dessen Intensität der Schaukasten

Leere erstellten Gegenwart? Die doppelte Bühne, die sich vor unserem

uns schützt, wie vor einer bedrohlichen Enthüllung. Und weil die grau-

Auge auftut, wirkt auch deshalb befremdend, weil sie uns den Eindruck

grünen Wände ihrerseits wie die Grenzen einer Bühne erscheinen, ge-

vermittelt: Nicht nur die Welt der Dinge, für die das 'Gestell gedacht ist, ist

winnt man den Eindruck, das entleerte Gestell fungiere nicht nur als

verschwunden . Auch wir sind diesem fremd anmutenden Raum entrückt.

Schutzschirm vor jener unheimlichen Lichtquelle, die angedeutet und zu-

Zusammen mit den Dingen, die wir erahnen, nicht aber erblicken kön-

gleich verhüllt bleibt. Es spiegelt auch den Raum, in dem es steht, gibt

nen , sind auch wir aus diesem Ort ausgeschlossen . Die geisterhaft auf

ihn jedoch verkleinert und vervielfacht wieder: Drei schmale Ebenen,

ihre Hülle reduzierte Bühne, auf der nichts außer einem Spiel von Licht,

die einen Ort gemeinsam haben und dennoch voneinander abgetrennt

Schatten und Farbe zu sehen ist, wirft ihren Spuk auf uns zurück. Es ist,

sind .

als würden wir diesen Ort einer stillgelegten Zeit ebenfalls heimsuchen;

Die Leere, die auf dieser doppelten Bühne herrscht, verleiht der Szene

als wäre unser Blick auf ihn der einer geisterhaften Teilnahme.

die Stimmung einer angehaltenen Zeit, einer Zwischenzeit. Wir werden

In der Doppelung hat Freud eine der grundlegenden Erfahrungen des

aufgerufen uns Dinge vorzustellen, die hier einmal ausgestellt wurden ,

Unheimlichen entdeckt. Man steht neben sich selbst, kann von sich ab-

jedoch nicht mehr anwesend sind. Gleichzeitig w ird in uns die Erwar-

sehen . War der Doppelgänger anfangs eine Versicherung der Unsterb-

tung geweckt, in diesem Ausstellungsraum könnten demnächst andere

lichkeit, so hat ihn der Mythos bald zum Vorboten des Todes umgestal-

Dinge zur Schau gestellt werden . Was sich unserem Blick darbietet, ist

tet. Entscheidend an der Rhetorik des Unheimlichen, die sich in dieser

jedoch nur eine doppelte Hülle für diese Luxusobjekte, ein Hinweis dar-

Fotografie abzeichnet, ist der Umstand, dass der Schaukasten in seiner

auf, dass die Dinge, für die der Ausstellungsraum und der Schaukasten

Leere eine Fülle der Dinge erahnen lässt. Was sich dem Auge nicht ent-

einstehen, aus ihm verschwunden sind . Keine Materialität wird von die-

hüllt, weil es aus dem Bild verschwunden ist, bleibt als Vorstellung den-

ser Leere enthüllt, sondern lediglich ein Eindruck, der uns bei längerer

noch anwesend . Zugleich ist die Fotografie, auch wenn sie die Stim-

Betrachtung immer mehr in seinen Bann zieht: Etwas ist verschwunden .

mung einer Reglosigkeit vermittelt, nicht statisch. Die Spektralität, die

I n Gedanken können wir uns ein Bild davon machen , wie die Dinge, für

sie in uns auslöst, führt dazu, dass die im Bild inszenierte Leere in einer

die die Regale gedacht sind, ausgesehen haben oder aussehen werden .

Entleerung des Bildes mündet. Bei längerem Betrachten wandelt sich

Wahrnehmen hingegen können wir lediglich, dass etwas, was da sein

die mimetische Referentialität in reine Zeichenhaftigkeit, lösen sich die

sollte, nicht da ist.

Formen des Gestells in die Bildsprache der Minimal Art auf. Die Tiefe

Man könnte von einem nachträglichen Präsenz-Effekt sprechen, von

wird zur Oberfläche. Die rosafarbenen Regale werden zu Streifen, die

der Gestaltung von Flüchtigkeit, die sich im Bild eben dadurch ereignet,

das Bild horizontal durchqueren und nach oben hin immer dünner wer-

den, während die grüne und weiße Fläche, die jeweils dazwischen liegt, die gleiche Breite beibehält. Es entsteht der Eindruck einer Bildgestaltung, die nicht zwischen Raum und Zeit, sondern außerhalb liegt. Nur ein Detail stört den Zauber, der den Schaukasten und die Bühne, die ihn einrahmt, in eine reine Formalisierung überträgt. Kaum erkennbar befindet sich rechts oben im Bild eine abgeschirmte Dose. Es könnte der Auslöser des merkwürdigen Lichts sein, das die Unheimlichkeit vor unserem den Eindruck

als Grundstimmung dieser Fotografie ausmacht. Mit Sicherheit lässt sich von diesem Detail nur sagen : Es führt die Referentialität wieder ins Bild zurück. Der Fotografie, hat Roland Barthes einmal behauptet, sei immer die Spur der Sterblichkeit mit eingeschrieben . Der Druck auf den Auslöser stellt unwiderrufbar eine Grenze her zwischen dem, was

e geisterhaft auf Spiel von Licht, uns zurück. Es ist, 7::::i-"-"'benfalls heimsuchen; 1 Teilnahme. 0,

einmal war, und dem , was nie mehr sein wird . Die Bildformel, die Barthes für diese eingefrorene Vergänglichkeit gefunden hat, lautet: Das ist so gewesen. Ein Bild, das das Gewesene bewusst als Spur festhält, verweist auf sein eigenes Verfahren. So verstehe ich Andreas Gurskys Prada 11. Diese Foto-

en Erfahrungen des

grafie sagt von sich: Ich suche die Welt der Dinge nachträglich heim ,

st, kann von sich ab-

versuche nicht sie, sondern ihre Abwesenheit im Bild einzufangen .

rung der Unsterb>§ien des Todes umgestal-

Nachdem sie nicht mehr ist, lasse ich sie - als Gewesene - wieder entstehen . Die Welt der Dinge, von der das Foto als Abwesende erzählt, ist

rrllichen , die sich in dieser

nicht die Welt der Entleerung, die sich uns enthüllt. Beide sind wiede-

der Schaukasten in seiner

rum nicht die Welt, die wir im Foto sehen. Als Referenzpunkt des Bildes

> sich dem Auge nicht ent-

sind beide nicht mehr. Zugleich haben sie in jenem Doppelgänger, der

bleibt als Vorstellung den-

das Foto für sie darstellt, ihr Dasein . Diese doppelt abwesende Welt -

, auch wenn si e die Stim-

die Leere, wo Dinge sein sollten, und deren Anwesenheit, die wir nur er-

.tisch . Die Spektralität, die

ahnen können - hat eine eigenständige Existenz. Nicht, weil wir wissen,

:J inszenierte Leere in einer

dass sie als Vorlage für diese Fotografie existiert haben muss. Sie ist,

n Betrachte n wandelt sich

weil sich diese Welt der Entleerung im Bild ereignet.

enhaftigkeit, lösen sich die Minimal Art auf. Die Tiefe de werden zu Streifen , die Jen hin imme r dünner wer-

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