Systemphysik: Hydrodynamik

May 27, 2017 | Autor: Werner Maurer | Categoria: Engineering, Physics, Education, Science Education, Physics Education, Physical Education
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Theorie

Hydraulik

Seite 1

Volumenbilanz Das Eigenvolumen der Flüssigkeit bildet die bilanzierbare Grundgrösse der Hydraulik: Volumen kann gespeichert und transportiert werden. Doch nur bei inkompressiblen Flüssigkeiten ist das Volumen eine erhaltene Grösse. Normalerweise wird Volumen erzeugt, sobald der Druck abnimmt. Bei einem Druckanstieg wird in der Regel Volumen vernichtet.

Eigenvolumen als Menge

Strömt eine Flüssigkeit durch ein Rohrleitungssystem, lässt sich die Stärke des Volumenstromes mittels geeigneter Geräte direkt messen. Die Volumenstromstärke gibt an, wieviele Kubikmeter einer Flüssigkeit pro Sekunde durch den fraglichen Querschnitt fliessen. Die frei gewählte Bezugsrichtung weist dem Volumenstrom ein Vorzeichen zu. Fliesst der Strom gegen die Bezugsrichtung, misst man eine negative Volumenstromstärke.

Volumenstrom und Volumenstromstärke

Im Falle einer homogenen Rohrströmung ist die Volumenstromsstärke gleich Querschnitt mal Strömungsgeschwindigkeit. Bei inhomogenen Strömungen führt man eine mittlere Strömungsgeschwindigkeit ein. Sie ist als Quotient von Volumenstromstärke und Querschnitt definiert.

Strömungsgeschwindigkeit

Liegt die Volumenstromstärke in Funktion der Zeit vor, kann das geflossene Volumen schrittweise ermittelt werden. Zuerst wird die gesamte Zeitspanne in kleine Intervalle eingeteilt. Dann bestimmt man für jedes Intervall die mittlere Stromstärke und multipliziert diese mit der Länge des Intervalles. Zum Schluss zählt man alle Werte zusammen. Die Intervalle sollten so klein wie möglich gewählt werden, damit sich die Stromstärke in der fraglichen Zeit nicht gross ändert. Mathematisch nennt man dieses Verfahren eine Integration der Volumenstromstärke über die Zeit.

Vom Volumenstrom zum geflossenen Volumen

t2

n

Vgefl. =

ÂI i =1

Vi

◊ Dti

Vgefl. =

ÚI

V (t ) ◊ dt

t1

Ist die Volumenstrom-Zeit-Funktion graphisch gegeben, entspricht das geflossene Volumen der Fläche unter dem Graphen. Bei einer negativen Volumenstromstärke verläuft die Kurve unterhalb der Zeitachse und das zugehörige Flächenstück ist negativ zu verrechnen.

Fläche unter der IV-tKurve

Für einen Speicher lässt sich zu jedem Zeitpunkt exakt angeben, wieviel Flüssigkeit er enthält; sein Inhalt kann durch eine Volumen-Zeit-Funktion beschrieben werden. Ermittelt man zu zwei verschiedenen Zeitpunkten den Inhalt, zieht den früheren Wert vom späteren ab und dividiert die Differenz durch das dazwischenliegende Zeitintervall, erhält man die mittlere Inhaltsänderungsrate. Nimmt das Volumen ab, wird die Änderungsrate bei korrekter Anwendung des Berechnungsschemas automatisch negativ. Die momentane Inhaltsänderungsrate ergibt sich als Grenzwert für beliebig kurze Zeitabschnitte

Inhaltsänderungsrate

V (t2 ) - V (t1 ) V˙m = t2 - t1

dV (t ) V˙ (t ) = dt

Ist die Volumen-Zeit-Funktion graphisch gegeben, kann die mittlere Änderungsrate als Steigung der zugehörigen Sekante ermittelt werden. Der Momentanwert entspricht dann der Steigung der Tangente. Die Änderungsrate ist selber wieder ein Funktion der Zeit.

Steigung der V-tKurve

Bezüglich eines Gefässes kann sowohl eine Momentan- als auch eine Bilanz über eine ganze Zeitspanne aufgestellt werden

Volumenbilanz

ÂI

Vi

+ P V = V˙

i

ÂV

aus i

i

dV (t ) V˙ (t ) = dt t2

+ Vprod = DV

Ú

DV = V˙ (t ) ◊ dt t1

Bei inkompressiblen Flüssigkeiten ist die Produktionsrate PV gleich Null. Die Volumenstromstärken bestimmen dann direkt die Inhaltsänderungsrate. Durch Summation über die Zeit (Integration) erhält man die totale Inhaltsänderung. Der Endzustand eines Speichers kann aus den Stromstärken ermittelt werden, falls der Anfangswert des Inhaltes bekannt gewesen ist.

inkompressible Flüssigkeiten

Theorie

Hydraulik

Seite 2

Energie in der Hydraulik Energie ist selber eine mengenartige Grösse: sie kann gespeichert und transportiert werden. In der Hydraulik wird die Energie zusammen mit dem Volumen transportiert. Der in der Flüssigkeit herrschende Druck bestimmt, wie stark ein Volumenstrom mit Energie beladen ist

Druck als Energiebeladungsmass

IWhydr. = p ◊ IV Der Energiestrom wird in Watt oder Kilowatt gemessen. Ein Druck von einem Pascal ordnet einem Volumenstrom von einem Kubikmeter pro Sekunde einen Energiestrom von einem Watt zu. Misst man den Druck in Bar und den Volumenstrom in Liter pro Sekunde, erhält man für die Energiestromstärke die Einheit Hektowatt. Die Energiezuordnung ist mit einer gewissen Willkür behaftet. Je nach Wahl des Druckbezugspunktes (Vakuum oder Umgebungsdruck) nimmt der zugeordnete Energiestrom eine andere Stärke an.

Einheiten

Misst man längs eines Volumenstromes zwei verschieden grosse Druckwerte, hat zwischen den beiden Referenzflächen ein hydraulischer Prozess stattgefunden. Bei einem hydraulischen Prozess setzt der Volumenstrom entweder Energie frei (Druckgefälle) oder nimmt Energie auf (Druckanstieg). Die umgesetzte Energie lässt sich mit Hilfe der Zuordnung direkt berechnen

Die Prozessleistung

P = ( p1 - p2 ) ◊ IV Die Prozessleistung darf als Arbeitsvermögen pro Zeit interpretiert werden. Ein hydraulischer Prozess kann Energie im Sinne von Arbeitsvermögen freisetzen. Diese Energie treibt dann einen weiteren Prozess an. Umgekehrt muss die von einem hydraulischen Prozess aufgenommene Energie vorgängig von einem ersten freigesetzt worden sein. Die Prozessleistung hängt nur vom Durchsatz und von der Druckdifferenz ab. Die Wahl des Drucknullpunktes hat deshalb keinen Einfluss auf die Grösse der hydraulischen Prozessleistung. Die Prozessleistung ist positiv, sobald der Prozess Energie freisetzt.

Prozessleistung als Arbeitsvermögen pro Zeit

Bei instationären Prozessen ändern sich sowohl die Stromstärke als auch die Druckwerte. Die zeitabhängige Prozessleistung verhält sich nun zum totalen Energieumsatz wie ein Strom zur transportieren Menge. Es gelten deshalb die analoge Rechenregeln

Energieumsatz

n

W=

 i =1

 i =1

t2

t2

n

Pi ◊ Dti =

( p1i - p2 i ) ◊ IVi ◊ Dti

W=

Ú

Ú

P(t ) ◊ dt = [ p1 (t ) - p2 (t )] ◊ IV (t ) ◊ dt t1

t1

Liegen die Messdaten für die Druckwerte und den Volumenstrom vor, kann daraus die Prozessleistung berechnet und als P-t-Diagramm skizziert werden. Die Fläche unter der Kurve entspricht dann der total umgesetzten Energie. Eine weitere Darstellung, welche viele Zusammenhänge der Hydraulik direkt veranschaulicht, entsteht, wenn man das IV-t-Diagramm mit dem Dp-t-Diagramm zu einer dreidimensionalen Graphik zusammenfügt

IV

graphisch Integrieren

t

IV(t)

IV IV(t)

t

Phyd. V

Dp(t) Dp

Dp(t) Dp

Die mittransportierte Energie verhält sich zum zugeordneten Energiestrom wie der Energieumsatz zur Prozessleistung. Folglich gelten die oben skizzierten Zusammenhänge auch für den zugeordneten Energiestrom und die mitgeführte Energie. Bei einem hydraulischen Speicher entspricht die zugeführte Energie der Inhaltsänderung. Zeichnet man beim Laden des Speichers Druck und Volumenstrom sorgfälltig auf, kann der Energieinhalt über die Zufuhr gemäss obigem Verfahren ermittelt werden.

transportierte und gespeicherte Energie

Theorie

Hydraulik

Seite 3

Hydraulische Widerstände Misst man auf einem ersten Streckenabschnitt einer Rohrströmung einen grösseren Druckabfall als auf einem zweiten, kann der Unterschied mit einem grösseren Widerstand auf dem ersten Abschnitt erklärt werden. Verbinden mehrere Rohrleitungen einen Hochdruckbehälter mit einem Niederdruckspeicher, weist man der Verbindung, die am meisten Flüssigkeit durchlässt, den kleinsten Widerstand zu. Aus diesen beiden Betrachtungen resultiert die natürliche Definition des Widerstandes: der hydraulische Widerstand ist proportional zum Druckgefälle und umgekehrt proportional zur Volumenstromstärke RV =

Dp IV

Dp = RV ◊ IV

oder

[ RV ] =

Pa ◊ s m3

Strömt eine zähe Flüssigkeit langsam durch ein Rohr, zeigen die Geschwindigkeitsvektoren der Flüssigkeitselemente parallel zur Rohrwand. Bei der Rohrachse ist die Strömungsgeschwindigkeit am grössten. Wirbel bilden sich keine aus. Weil sich in diesem Falle die einzelnen Flüssigkeitsschichten lamellenartig übereinander schieben, heisst die Strömung laminar. Laminarströmungen treten immer dann auf, wenn die Geschwindigkeit klein, die Zähigkeit gross und der freie Querschnitt klein ist. Bei langen, geraden Rohren (Länge l, Durchmesser d) mit einer Viskosität h der Flüssigkeit gilt der folgende Zusammenhang langes, gerades Rohr

RV =

mit k = V

r 2 A2

laminare Strömung

128l ◊ h p ◊ d4

Erhöht man bei einer Laminarströmung den Durchfluss sukzessive, bilden sich ab einer bestimmten Strömungsgeschwindigkeit erste Wirbel. Mit zunehmendem Druchfluss verstärkt sich die Wirbelbildung dramatisch, die Strömung wird turbulent. Eine turbulente Strömung entzieht sich der exakten Beschreibung: von einer Strömungsgeschwindigkeit kann nur noch im Sinne eines Mittelwertes gesprochen werden. Mit dem Einsetzen der Turbulenzen ändert sich auch das Widerstandsverhalten des Rohres Dp = k ◊ IV2

Definition

langes, gerades Rohr

V =l

turbulente Strömung

l d

Im Gegensatz zur Laminarströmung hängt der Widerstand bei turbulent durchflossenen Rohrleitungssystemen auch von der Stromstärke selber ab. Deshalb verzichtet man hier auf den Begriff des Widerstandes und führt nur noch den Faktor k ein. Multipliziert man diese Faktor mit dem zweifachen Quadrat des Rohrquerschnittes A und dividiert dann den Ausdruck mit der Dichte der Flüssigkeit, erhält man die Widerstandszahl z (Zeta). Mit dieser Zahl werden Rohrstücke, Armaturen, Verzweigungen oder Ventile integral beschrieben. Bei einem langen, geraden Rohr kann die Widerstandszahl mit Hilfe der Rohrreibunszahl l berechnet werden. Die Rohrreibungszahl l hängt von der Strömungsgeschwindigkeit und der Rohrrauhigkeit ab. Die Werte sind einem Tabellenbuch zu entnehmen.

Widerstandszahl

Werden Rohrstücke, Filter, Ventile oder Armaturen in Serie zusammengeschraubt, ist die gesamte Druckdifferenz gleich der Summe der einzelnen Druckabfälle. Folglich müssen die Teilwiderstände zum Gesamtwiderstand addiert werden. Bei einer Parallelschaltung kommt man durch eine analoge Überlegung zum Schluss, dass die Summe der Reziprokwerte der Teilwiderstände gleich dem Reziprokwert des Gesamtwiderstandes ist

Parallel- und Serieschaltung

Serieschaltung

RV =

ÂR

Vi

Parallelschaltung

i

1 = RV

ÂR

1

i

Vi

Ein Volumenstrom gibt Energie frei, sobald er ein Druckgefälle durchströmt. Ersetzt man in der Prozessleistungsformel die Druckdifferenz durch das zugehörige Widerstandsgesetz, erhält man den direkten Zusammenhang zwischen freigesetzter Leistung und Volumenstromstärke laminar

P = RV ◊ IV2

turbulent

Leistung

P = k ◊ IV3

Mit der im Widerstand freigesetzte Energie wird Entropie (Wärmestoff) erzeugt. Die neu entstandene Entropie bindet die Energie, so dass diese nur noch für thermische Prozesse zur Verfügung steht. Die freigestzte Energie geht dadurch ein Stück weit „verloren“. Einen Vorgang, bei dem Entropie produziert und damit Energie gebunden wird, heisst auch dissipativ.

Dissipation

Theorie

Hydraulik

Seite 4

Hydraulische Kapazitäten Mit dem Begriff der Kapazität wird das Fassungsvermögen eines Speichers umschrieben. Im Gegensatz zur Umgangssprache definiert man in der Systemdynamik die Kapazität nicht als totales Fassungsvermögen, sondern als Fassungsvermögen pro Potential oder als Inhaltszunahme pro Potentialänderung. Beide Definitionen sind möglich und werden in den verschiedenen Zweigen der Physik auch angewendet. Für die Hydraulik gelten demnach die beiden folgenden Definitionen linear

CV =

V p

differentiell

CV =

Definition

dV dp

Hängt die Kapazität nicht vom Inhalt ab, liefern beide Definitonen das gleich Resultat. Zylinderförmige oder federbelastete Gefässe bilden Speicher mit konstanten Kapaziäten

Speicher mit konstanter Kapazität

Ersetzt man bei der linearen Definition der hydraulischen Kapazität das Volumen durch Grundfläche A mal Füllhöhe h und den Druck durch die hydrostatische Gleichung p = r·g·h, erhält man eine Formel für die Kapazität eines zylinderförmigen Gefässes. Beim federbelasteten Speicher muss der Druck als Quotent von resultierender Federkraft F und Kolbenquerschnitt A geschrieben werden. Weil die resultierende Federkraft gleich der Richtgrösse D mal die Auslenkung aus der Gleichgewichtslage s und das Füllvolumen gleich dem Kolbenquerschnitt A mal die selbe Auslenkung ist, erhält man auch in diesem Fall eine Kapazität, die unabhängig vom Füllzustand ist

Berechnung einer Kapazität

zylindrisches Gefäss

CV =

A r◊g

federbelasteter Speicher CV =

A2 D

Ein Zweikammerspeicher nimmt netto keine Flüssigkeit auf. Unter dem gespeicherten Volumen versteht man in diesem Fall die Veränderung des Füllvolumens in der einen Kammer gegenüber dem Grundzustand. Sinkt der Druck unter den Referenzdruck, wird das gespeicherte Volumen negativ. Die Kapazität berechnet sich nach der gleichen Formel wie beim federbelasteten Speicher. Man beachte, dass die Federn auf beiden Seiten des Kolbens parallel geschaltet sind.

Zweikammerspeicher

Bei nichtzylindrischen Gefässen sowie Membran- und Blasenspeichern nimmt der Druck nicht proportional mit dem Volumen zu. In solchen Fällen kann auf den Begriff der Kapazität verzichtet werden. Stattdessen gibt man den Druck direkt als Funktion des Volumens an.

Speicher mit volumenabhängiger Kapazität

Der von einem Volumenstrom transportierte Energiestrom ist gleich Druck mal Volumenstromstärke. Multipliziert man diese Beziehung mit dem Zeitintervall Dt, erhält man die mitgeführte Energie. Für einen beliebig kleinen Zeitschritt dt erhält man den differentiellen Zusammenhang.

zugeordnete Energie

zugeordnete Energie

Whyd . = pmittel ◊ Vgefl.

differentielle Schreibweise

dWhyd . = p ◊ dV

Lädt man einen Speicher mit konstanter Kapazität auf, so nimmt der Druck linear mit dem Volumen zu. Die zugeführte Energie ist deshalb gleich dem zugeführten Volumen mal den halben Enddruck. Weil die Energie zusammen mit dem Volumen gespeichert wird, gilt der gleiche Zusammenhang nicht nur für die ausgetauschten, sondern auch für die gespeicherten Grössen hydraulisch gespeicherte Energie

W=

1 1 1 p ◊ V = CV ◊ p 2 = V2 2 2 2CV

Nimmt der Druck nicht linear mit dem Volumen zu, muss die Energie über die Druck-Volumen-Beziehung berechnet werden (Fläche unter der p-V-Kurve) hydraulisch gespeicherte Energie

Energie eines Speichers mit konstanter Kapazität

W=

Vend

Ú p(V ) ◊ dV 0

Energie eines beliebigen Speichers

Theorie

Hydraulik

Seite 5

Hydraulische Induktivität Ein mit Flüssigkeit gefülltes Rohr verhält sich induktiv: die Stromstärke ändert sich nur, falls über der Flüssigkeitssäule eine Druckdifferenz angelegt ist. Die hydraulische Induktivität ordnet dem herrschenden Druck eine Änderungsrate des Volumenstromes zu Dp = LV ◊ I˙V

[ LV ] =

Pa ◊ s 2 m3

Multipliziert man die über einer Flüssigkeitssäule liegende Druckdifferenz mit dem Querschnitt des zugehörigen Rohres, erhält man die resultierende Kraft. Diese Kraft ist gleich der trägen Masse der Säule mal die dadurch bewirkte Beschleunigung. Weil man aus der Geschwindigkeit durch Multiplikation mit dem Querschnitt die Volumenstromstärke erhält, gewinnt man aus der Beschleunigung (Änderungsrate der Geschwindigkeit) durch Multiplikation mit dem Querschnitt die Änderungsrate der Volumenstromstärke. Nach diesen Überlegungen sind wir in der Lage, die hydraulische Induktivität eines Leitungsabschnittes zu berechnen A ◊ Dp = FRe s = m ◊ v˙ = r ◊ l ◊ A

I˙V A

Definition der hydraulischen Induktivität

LV = r

Induktivität eines Rohres

l A

Ein mit Flüssigkeit gefülltes Rohr verhält sich resistiv und induktiv; das Rohr setzt dem Strom einen Widerstand entgegen und die Flüssigkeit zeigt ein Beharrungsvermögen. Beide Eigenschaften müssen klar unterschieden werden. Zudem kann man sich den Widerstand und die Induktivität des Rohrstückes als in Serie geschaltet denken. Wird nun über einem Stück Rohr bei ruhender Flüssigkeit eine Druckdifferenz aufgebaut, wirkt der Druckunterschied zuerst auf das induktive Verhalten ein: die Volumenstromstärke wächst anfänglich stark an. Mit dem grösser werdenden Volumenstrom steigt der resistive Druckbedarf. Damit sinkt der für das induktive Verhalten zur Verfügung stehende Anteil immer mehr ab; die Stromstärke erreicht bei gleichbleibender Druckdifferenz einen durch den Widerstand gegebenen Grenzwert. Wird umgekehrt der Volumenstrom mittels eines Hahns unterbrochen, baut sich hinter der Verschlussstelle eine induktiv bedingte Druckspitze auf. Im Extremfall können solche Druckspitzen ein Rohr zum Platzen bringen.

dynamische Eigenschaften eines Leitungsabschnittes

Bei vielen technischen Anwendungen strömt das Medium turbulent durch das Leitungssystem. Wir vergleichen deshalb die Induktivität eines langen Rohres mit dessen turbulenten Widerstand

Widerstand und Induktivität

l l r r 3 LV A = 2d = p ◊ d 1 A = = RV r V v r l ◊ l v l ◊ v 2l IV 2A 2d A Induktives Verhalten herrscht vor, solange der Querschnitt gross und die Strömungsgeschwindigkeit klein sind. So weist die talwärts führende Druckleitung eines hydraulischen Kraftwerkes infolge des grossen Querschnittes einen kleinen Widerstand und eine vergleichsweise grosse Induktivität auf. Solange das Wasser konstant hinunterfliesst, macht sich die Induktivität nicht bemerkbar. Wird der Wasserstrom jedoch plötzlich unterbrochen, baut sich im Rohr ein nach unten stark zunehmender Druck auf. Dieser durch den Unterbruch induzierte Druck presst die Wassersäule stark zusammen. Weil sich die Säule danach wie eine Feder entspannt, besitzen die Druckleitungen am oberen Ende ein Wasserschloss mit einem senkrecht stehenden, oben offenen Rohrstück, welches das zurück schnellende Ende der Wassersäule aufnimmt.

Bedeutung des Wasserschlosses

Eine Flüssigkeit speichert die Energie kapazitiv oder induktiv. Die induktiv gespeicherte Energie hängt mit dem Strom zusammen, ist also letztlich kinetische Energie der strömenden Flüssigkeit

induktiv gepeicherte Energie

W=

1 1 1 l 1 m ◊ v 2 = r ◊ l ◊ A ◊ v 2 = r ◊ A 2 ◊ v 2 = LV ◊ IV2 2 2 2 A 2

Die Induktivität unterscheidet sich somit auch bezüglich der Energie vom Widerstand. Ein Wiederstand dissipiert Energie, eine reine Induktivität speichert Energie. Ein U-förmig gebogenes, aufrecht stehendes Rohr bildet ein schwingungsfähiges System. Es besitzt zwei Kapazitäten und weist gleichzeitig einen Widerstand und eine Induktivität auf. Das Zusammenspiel der Kapazitäten mit der Induktivität erzeugt die Schwingung, der Widerstand sorgt für eine Dämpfung.

das U-Rohr

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